Tree-Forschungskonferenz: Roboter als „Jobwechsler“ statt „Jobkiller“

Sind Roboter Schuld, wenn die Arbeitslosenquote steigt? So einfach ist das nicht, meint Nicola Tomatis, Geschäftsführer des schweizerischen Unternehmens BlueBotics SA. Im Rahmen seines Vortrages an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg Anfang Juni hat er aufgezeigt, wie Roboter Arbeitsplätze und Produktivität beeinflussen.

Automatisierung nehme Arbeitsplätze weg, aber sie steigere auch die Produktivität. Und das sei nötig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur so könnten Arbeitsplätze gehalten und neue geschaffen werden, lautete das Fazit von Nicola Tomatis’ halbstündigem Vortrag. Jobs mit sich wiederholenden Aufgaben nähmen ab, während komplexere Arbeiten schwierig zu automatisieren seien. Bei sehr einfachen Arbeiten würde sich hingegen die Automatisierung oft nicht lohnen. Dass Roboter bereits in vielen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden, verdeutlichte Nicola Tomatis an einem Beispiel, das nicht viele kennen: „Ladies and Gentleman, die erfolgreichste Anwendung in der Servicerobotik ist…“ – Wer nun einen Begriff erwartet hatte, wurde enttäuscht. Stattdessen griff Nicola Tomatis mit beide Hände abwechselnd in die Luft, als ob er etwas herunterziehen wolle. Er lieferte die Auflösung gleich nach: der Melkroboter.

Jobkiller und Joberleichterer

Ob Automatisierung Arbeitsplätze wegnehme? Ja. Aber bei der Bewertung müsse man vorsichtig sein. So sei beispielsweise der „größte Jobkiller der Geschichte“ die Erfindung des Traktors. Während um 1900 in den USA rund 40 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft gearbeitet hätten, seien es heutzutage nur noch zwei bis vier Prozent. Das könne man als Katastrophe ansehen, weil 90 Prozent aller in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen ihren Job verloren hätten. Oder als riesigen Fortschritt, weil die durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 60 auf unter 40 Stunden zurückgegangen sei. Zudem sei der Anteil extremer Armut von mehr als 10 Prozent auf unter drei Prozent gesunken.

Deutschland als positives Beispiel

Ein weiteres Beispiel für die positiven Auswirkungen der Automatisierung sei die Automobilindustrie. „Es ist einfacher, das hier vorzustellen als in Frankreich“, scherzte Tomatis und zeigte eine Grafik, auf der Zahlen zur Autoproduktion in Deutschland und in Frankreich standen. Deutschland gilt als automatisierungsfreundlich, während in Frankreich der Schutz von Arbeitsplätzen Priorität hat. Während die Produktion in Deutschland in den vergangenen Jahren anstieg, ging sie in Frankreich zurück.

Chancen mit Problemen

„Automatisierung bedeutet Produktivität“, unterstrich Nicolas Tomatis, „nur so kann man seine Arbeitsplätze schützen.“ Tatsächlich ist in Deutschland die Arbeitslosigkeit deutlich geringer als in Frankreich. Statt von „Jobkillern“ spreche er bei Robotern lieber von „Jobwechslern“. Ein Zuhörer hatte Zweifel, ob die niedrige Arbeitslosigkeit so aussagekräftig sei: „Wir haben in Deutschland viele Menschen mit sehr geringem Einkommen, denen Altersarmut droht.“ Tomatis war sich der Problematik bewusst, sah aber keine Lösung: „Daran kann ich als Ingenieur leider nichts ändern. Vor hundert Jahren hat ein Job drei Generationen gedauert, in der Zukunft werden Berufe vielleicht nur ein Drittel einer Generation andauern“, so Tomatis. Das bedeute, dass jemand drei Jobs lernen müsse und das sei ein extrem schwieriger Punkt, gab er zu.


Autorin: Martha Peters, Technikjournalismus, 4. Semester


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